Geschichtsverbund Thüringen
Arbeitsgemeinschaft zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Mi, 09.11.2016, 15.30 Uhr  |  Gedenkveranstaltung

Novemberpogrom von 1938

Gedenkveranstaltung am Mittwoch, dem 9. November 2016, um 15.30 Uhr am Gedenkstein jüdisches Sonderlager 1938 in der Gedenkstätte Buchenwald

„Wir mußten von dem Fahrzeug herunterspringen und durch ein Spalier von SS-Schlägern, die mit Stöcken und Eisenstangen ausgerüstet waren, bis zum Buchenwaldtor laufen. Bei dieser Prozedur wurden viele zusammengeschlagen. Vor mir lief ein älterer Kamerad aus Halle namens Walter Schwabach, dem das Ohr abgeschlagen wurde. Ich selbst bekam einen Schlag ins Auge, von dessen Folgen ich das Augenlicht auf diesem Auge verlor. Vor dem Tor nahmen uns Häftlinge in Empfang, beruhigten und ordneten uns und führten uns in Gruppen auf den Appellplatz. Dort mussten wir bis in die tiefen Nachtstunden stehen, da die eigens für die Juden aufgestellten Baracken noch nicht fertig waren.“ So erinnert Gustav Beutler seine Ankunft im Konzentrationslager Buchenwald am Vormittag des 10. November 1938. Bis der aus Halle Verschleppte aufschreibt, was ihm widerfuhr, dauert es drei Jahrzehnte.

In den frühen Morgenstunden des 10. November brennen überall in Deutschland die Synagogen. Juden werden aus ihren Wohnungen geschleppt, zusammengetrieben, geschlagen oder ermordet. Als der Tag anbricht, stehen Schaulustige vielerorts vor verkohlten Gebäuderesten – sehen zu, wie die SA das Mobiliar auf die Straße wirft und Geschäfte plündert. Manche machen mit, viele sind wie gelähmt. Einmal mehr, aber wie nie zuvor öffentlich, demonstrieren die Nationalsozialisten, dass sie über blutige Gewalt nicht nur reden. In Weimar spricht es sich herum, dass die SS Juden über das Bahnhofsgelände jagt und zum Ettersberg bringt. Nach dem Pogrom lässt die Gestapo etwa 30.000 jüdische Deutsche verhaften und in Konzentrationslager bringen. Sie sollen – so der Auftrag der SS – Todesangst erleben. Alles ist darauf ausgerichtet, ihnen die Würde zu nehmen und sie auszuplündern.

Allein in das KZ Buchenwald werden 9.845 Männer aus ganz Deutschland verschleppt. Die SS hält sie in einer abgegrenzten Zone westlich des Appellplatzes in fünf scheunenartigen Baracken gefangen. Das Areal ist mit Stacheldraht umzäunt. Tagelang kommt hier niemand zum Ausruhen. Die Lebensbedingungen sind menschenunwürdig, sanitäre Einrichtungen gibt es kaum.

 

Den Ort des jüdischen Sonderlagers 1938 markiert heute ein Gedenkstein. Dort wird am Mittwoch, dem 9. November 2016, um 15.30 Uhr, an die damaligen Ereignisse erinnert: in der Gedenkstätte tätige Internationale Freiwillige lesen Berichte von Zeitzeugen.